ADA

Sonntag, den 1. März 2015, 17 Uhr
KUNSTRAUM BOGENHAUSEN

Berthold Reiss

Ada heißt Im Türkischen Insel. Aus Anlass meiner ersten Galerieausstellung habe ich 1999 gefragt: „Was vermittelt zwischen Wissenschaft und allgemeinem Bewusstsein?“ Ada steht für diese Vermittlung. Denn das, was alle und das, was wenige sagen können, unterscheidet sich auf besondere Weise, wenn von der Insel die Rede ist. Die Insel ist eine verbreitete Metapher für eine Welt, die hinter den Grenzen der Alltagswelt liegt. Dagegen findet Immanuel Kant die Insel im Alltag selbst, wenn er vom Land des reinen Verstandes spricht: „Dieses Land aber ist eine Insel, und durch die Natur selbst in unveränderliche Grenzen eingeschlossen. Ich habe Ada In İstanbul zuerst als einen Workshop konzipiert. Das Ziel bestand darin, „heutige Kunst und heutige Arbeit miteinander zu vergleichen.“ Der Weg bestand darin, dass jeder Teilnehmer eingeladen wird, „aus Zeichen, die er oder sie in der Alltagswelt findet, eine eigene Welt zu erzeugen.“ Man kann das Entweder-Oder von Kunst und Arbeit als eine späte Konsequenz der Trennung des Bezeichneten vom Zeichen verstehen. Die Botschaft als solche und die Form, in der sie erscheint, schließen sich aus, obwohl diese Erscheinung und jene Bedeutung im Zeichen an die gleiche Stelle gesetzt sind. Ein Zeichen, dessen Erscheinung einhergeht mit seiner Lektüre, lässt sich logisch als ausgeschlossenes Drittes beschreiben. Und es bringt nicht nur Identitäten wie Kopf, Ei, Sphäre oder eben „Insel“ ins Spiel, sondern die Handlung der Identifikation, mag diese zurückliegen oder nahe bevorstehen.

Der Workshop Ada geht auf meine „Recherche“ und auf meine „Arbeit“ zurück, indem er beides als „Beispiele“ verwendet. Die Ausstellung Ada zeigt dagegen Arbeiten ohne diese pädagogische Funktion, darunter eine Lecture Performance als Ergebnis einer Recherche. Dennoch ist Ada 1 als Skulptur zu lesen und zugleich als Modell. Oder die türkischen Titel von Aquarellen wie Liman (Hafen), Mağara (Höhle) oder Yükseliş (Aufstieg) gehören einer fremden Welt an, die zugleich eine mögliche Welt darstellt. Die Lecture Performance handelt von der Funktion der Magie, wenn es gilt, die Einheit einer zerfallenen Wirklichkeit wieder zu finden.
Berthold Reiss im Februar 2015

Berthold Reiss ist 1962 in Salzburg geboren und lebt in München. Er ist Künstler und Autor. 2008 kuratierte er die Ausstellung Hier ist Amerika oder Nirgends in der Galerie Ben Kaufmann in Berlin. Aquarelle von Berthold Reiss waren 2010 auf der 17.Biennale von Sydney zu sehen. Die künstlerischen Arbeiten von Berthold Reiss werden von einer Reihe von Lecture Performances wie Kant und die Gotik, Berlin 2004 begleitet.

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